Gerade bereite ich einen Vortrag über kollektive Intentionalität vor, den ich an der PUC in São Paulo halten darf. Dabei kam mir das Thema Fußball öfter in den Kopf, weil sich an einem Teamsport kollektive Absichten illustrieren lassen. In Gilberto Gils "Meio Campo" geht es auch um Fußball. Das Lied ist ein Brief an Afonsinho, einen Spieler, der zum Symbol für Widerstand, Individualität und Freiheit im brasilianischen Sport wurde, und der Mediziner, Intellektueller und politischer Aktivist ist.
Nelson Cavaquinho (1911–1986) war ein brasilianischer Sänger, Gitarrist und Komponist, der als Meister des melancholischen Samba gilt. Als Mitglied der Sambaschule Mangueira prägte er den Samba de Morro aus den Hügeln Rio de Janeiros, wo die Favelas liegen. Im Umfeld von Größen wie Cartola oder Paulinho da Viola prägte er den Sound des Samba für immer. Seine Lieder sind musikalisch minimalistisch im Vergleich zu den maximalen Themen wie Tod, Vergänglichkeit und Hoffnung auf das Jüngste Gericht.
Elza Soares wurde mit 12 Jahren verheiratet, mit 13 zum ersten Mal Mutter, mit 15 verlor sie ihr zweites Kind wegen Unterernährung, mit 21 war sie Witwe, mit 23 ging sie in die Radiosendung des Sambakomponisten Ary Barroso, um entdeckt zu werden. Da sie kein Geld und kein Kleid hatte, lieh sie sich das schönste ihrer Mutter - das war ihr allerdings viel zu groß. Das Publikum lachte und Barroso fragte sie, von welchem Planenten sie komme. Sie antwortete: "Vom selben wie Sie. Vom Planeten Hunger."
Über Benito di Paula wollte ich schon lange einen Blogeintrag schreiben. Der Sänger, der aus Rio de Janeiro nach São Paulo gegangen ist, um dort in den siebziger und achtziger Jahren zum Protagonisten des "Samba Paulista" zu werden, gehört mit 50 Millionen verkauften Platten zu den erfolgreichsten Musikern Brasiliens. Seine frische, mutige Interpretation des Samba mit Piano, Jazz-Elementen und romantischer Seele ergibt eine Mischung, die später unter dem Begriff "Samba-Joia" bekannt wurde.
Der Song "Chega de Saudade" von 1958 gilt als der erste auf Platte gepresste Bossa Nova überhaupt. Komponiert wurde er von Tom Jobim, der Text stammt von dessen kongenialem Partner Vinícius de Moraes. Auf der ersten Aufnahme, auf der Elizeth Cardoso die Gesangsstimme liefert, spielt der neben Jobim und de Moraes dritte große Mann des Bossa Nova, João Gilberto, in dem unverwechselbaren Stil Gitarre, in dem er das Genre des Bossa Nova für immer definiert.
Der erste Kontakt mit Rio de Janeiro ist häufig Tom Jobim. Internationale Gäste landen in Rio auf dem Flughafen, der nach ihm benannt ist. "Garota de Ipanema" ist das international bekannteste Lied der brasilianischen Musik. Wenn man brasilianische Musikerin ist, muss man sich mit dem Großmeister des Bossa Nova auseinandersetzen. Ob man will oder nicht, muss man immer wieder "Garota de Ipanema" singen. Jobim entwickelte die Angst, das Lied noch mit 80 unter Pfiffen in einem Dorfzirkus zu singen.
Humberto Teixeira (1915-1979) aus Iguatu in der Nähe meiner Heimatstadt Mombaça, ist als "Doutor do Baião", Doktor des Baião, in die Geschichte der brasilianischen Musik eingegangen. Zusammen mit Luiz Gonzaga, dem "Rei do Baião", also dem König des Baião, komponierte er 1947 den Evergreen der nordöstlichen Musik mit Hymnenstatus: "Asa Branca". Dieses Lied gehört zu den am meisten aufgenommenen Liedern Brasiliens. Von ihm liegen 316 aufgenommene Interpretationen vor. Und es ist eben ein Baião.