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Luiz Fidelis und "A Flor do Mamulengo" - Das Leben als Puppentheater

Luiz Fidelis aus meiner Heimat Ceará hat einige Hits geschrieben, die in der Forró-Szene bekannt sind. Denn viele seiner Lieder wurden von einer der erfolgreichsten Bands des Genres, "Mastruz com Leite", aufgenommen. Sein bekanntestes Stück ist "Flor do Mamulengo". "Mamulengo" ist eine im Nordosten verbreitete Form des Puppentheaters, in der mit Handpuppen Szenen aus dem Leben reflektiert werden. Das erzählt Fidelis' Lied: Die Liebe der schönen Flor (Blume) do Mamulengo findet keinen Widerhall.

 

Luiz Fidelis aus Juazeiro do Norte berichtet darüber, dass die Inspiration für das Lied, das im Laufe der Zeit ein Hit werden sollte und das in Ceará jedes Kind singen kann, direkt aus einem Theaterstück stammt. Die Hauptfigur des Stücks bzw. Lieds nennt sich selbst die "Blume des Mamulengo" und verliebt sich in eine Puppe – ein Wesen, das keine Gefühle erwidert. Die Verzweiflung der Zurückgewiesenen zeigt sich musikalisch daran, wie der Refrain "neco de se apaixonar" mehrfach wiederholt wird (das "neco" ist übrigens eine typische Wendung aus dem Nordosten, die man in keinem offiziellen Wörterbuch findet). Das unterstreicht die Frustration der "Blume", die als schöne und begehrenswerte Figur Zurückweisung nicht gewohnt ist. Die Ablehnung geht der "Blume" stark an die Nerven, wie der Ausdruck "estou com os nervos à flor do pano" sagt, was soviel bedeutet wie "ich bin nervös bis unter die Haut", wobei das Wort "pano", das "Stoff" bedeutet, das in der Redewendung gebräuchliche "pele", also "Haut", ersetzt. Wir befinden uns schließlich im Kontext eines Puppentheaters.

Auf diesen Kontext verweist dann auch die letzte Strophe wieder. Die "Blume" hat keinen Einfluss auf ihr Gegenüber, ihre Liebe ist machtlos, was sie auch tut. Sie appelliert an das Gegenüber, das aber nicht antwortet oder anderweitig reagiert: die Unfähigkeit, den Geliebten an sich zu binden wird dazu führen, dass sie selbst zerfetzt und sich quasi auflöst ("esfarrapar"). Der Text des einfach gehaltenen Liedes wandelt von den benutzten Wörtern stets auf der Grenze zwischen dem Bild (das Puppentheater) und dem Abgebildeten (das echte Leben). Die Inspiration für das Lied stammt von einem Theaterstück, für das die Inspiration gewiss das echte Leben gewesen ist. Das Lied ist also wie ein Spiegel im Spiegel und der vielfach wiederholte Refrain, der wie ein Kaugummi im Ohr bleibt, versinnbildlicht die unendliche Spiegelung eines Spiegels im Spiegel - vielleicht, weil es eine ewige Geschichte der menschlichen Erfahrung ist, von einer geliebten Person nicht die Rückmeldung zu bekommen, die man sich erhofft.

 

Der Weg des Lieds zum Hit war kein ganz einfacher. Irgendwann in den achtziger Jahren komponierte Fidelis den Song. Er hatte jedoch kein Label. Der Song war noch nicht registriert als seine eigene Komposition, wurde in den Bars und auf den Bühnen von Fortaleza aber schon rauf und runter gesungen. Langsam wurde Fidelis nervös, weil der Song seiner Autorenschaft sozusagen entglitt. Allerdings fand sich dann mit Abidoral Jamacaru die Chance auf die Registrierung des Songs als seine eigene Komposition. Jamacaru machte die erste offizielle Aufnahme des Songs auf seinem Album "Avallon" und wies die Autorenschaft Luiz Fidelis zu. Damit war der regional sowieso schon bekannte und weit verbreitete Song als Luiz Fidelis' Werk registriert. Zu einem kommerziellen Hit wurde die Komposition schließlich, als die brasilienweit erfolgreiche Forró-Band "Mastruz com Leite" den Song auf ihrem Album herausbrachte, das sie sogar mit "Flor do Mamulengo" betitelten. Auch der cearensische Superstar Fagner nahm den Song auf - und das Lied über das Puppentheater und das echte Leben verewigte sich endgültig in den Gehörgängen.

 

(Bild: Prefeitura de Olinda, CC BY 2.0 <https://creativecommons.org/licenses/by/2.0>, via Wikimedia Commons)